„Der Transformationsdruck ist deutlich gestiegen“

Ingo Klinge ist CEO des deutschen Verlagsgeschäfts der Bauer Media Group und spricht im Interview mit DNV über Papierknappheit, Konsolidierung im Pressevertrieb und die Digitalisierung der Zeitschriftenmarken. Man müsse mit Blick auf Zusammenschlüsse und Übernahmen im Pressevertrieb künftig größer denken und auf die Attraktivität des Pressesortiments im Lebensmitteleinzelhandel achten, so zwei seiner Thesen.


1. Papierknappheit sowie steigende Energiepreise und Mindestlöhne gehören zu den großen Herausforderungen, die die Verlagsbranche derzeit zu bewältigen hat. Wie gehen Sie im Verlagsgeschäft der Bauer Media Group damit um?

Der Transformationsdruck ist deutlich gestiegen: Wir müssen mit Hochdruck Lösungen dafür finden, wie wir das Publishing der Zukunft nachhaltig und langfristig gestalten. Das gilt für alle Bereiche: Vertrieb, Vermarktung, Redaktion, usw. Aber auch kurzfristig reagieren wir auf die veränderten Rahmenbedingungen. So haben wir im Vertrieb zum Beispiel da, wo es sinnvoll ist, Auflagen zurückgenommen. Unsere Vertriebs-Profis verfügen über langjährige Expertise in der Steuerung wirtschaftlicher Mengen, sodass wir trotzdem das Optimum an Verkäufen auf dem Markt erzielen. 

2. Das Pressevertriebssystem hat in den vergangenen Jahren vielfach Konsolidierungsprozesse erlebt, beispielsweise auf Ebene der Presse-Grossisten und der Nationalvertriebe. Hat sich der Markt aus Ihrer Sicht bereits neu sortiert, oder muss es weitere Zusammenschlüsse und Übernahmen geben, bis ein zukunftsfähiges System erreicht ist?

Angesichts der momentanen Verwerfungen im Handel genügen die bisherigen Anstrengungen bei Weitem nicht. Hier müssen wir in Zukunft deutlich größer denken.

3. Das Verlagsgeschäft der Bauer Media Group lebt stark von Print-Produkten und dem Verkauf im Einzelhandel. Wird dies auch künftig der Schwerpunkt im Geschäftsmodell sein?

Wir wollen das Leben unserer Zielgruppen mit unseren Produkten und Dienstleistungen bereichern und schöner machen. Wir möchten Ihnen genau die Inhalte zu der Zeit und über den Kanal zur Verfügung stellen, wie sie es sich wünschen. Magazine sind ein wesentlicher Teil unseres Geschäfts und der Einzelhandel wird auch in Zukunft für unser Printgeschäft der wichtigste Absatzkanal bleiben. Denn insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel und unser verkaufsstarkes Produktportfolio passen sehr gut zusammen. Dass wir gleichzeitig auch unsere digitalen Geschäftsmodelle weiterentwickeln, ist für uns kein Entweder/Oder – sondern vielmehr ein Sowohl/Als auch.

4. Inwieweit planen Sie, die Zeitschriftenmarken der Bauer Media Group (weiter) zu digitalisieren? Und welche Rolle sollen Vertriebserlöse dabei spielen?

Unser Geschäft ist das Publishing: Wir erstellen hochwertige Inhalte und Dienstleistungen, mit denen wir unser Publikum unterhalten und über nutzwertige Services ihre Entscheidungen erleichtern. Leserinnen und Leser, Userinnen und Iser sollen die Informationen, die sie benötigen, auf dem Kanal konsumieren können, der für sie in der aktuellen Situation am besten ist. Magazine und digitale Kanäle haben ihre individuellen Eigenschaften, sodass eine 1-zu-1-Übertragung nicht immer zielführend ist. Deswegen werden wir auch zukünftig unsere Inhalte so gestalten und für den entsprechenden Kanal so aufbereiten, dass sie für unsere Zielgruppen den größtmöglichen Mehrwert bieten. Feststeht, dass die Erlöse, die wir über Leserinnen und Leser sowie Userinnen und User erzielen, ein wichtiges Standbein bleiben werden.

5. Als Vertriebsweg wichtiger geworden ist in den vergangenen Jahren der Lebensmitteleinzelhandel. Die Regalflächen für Presseprodukte sind dort gleichermaßen begrenzt und begehrt. Welche Argumente und Kriterien müssen an dieser Stelle für die künftige Vertriebsarbeit und den Dialog mit Edeka, Rewe und Co. zuvorderst berücksichtigt werden?

Für den Lebensmitteleinzelhandel zählen Absatz und Umsatz. Wir können mit unseren absatz- und umsatzstarken Titeln die Bedürfnisse des LEH erfüllen. Daneben ist die Attraktivität des Pressesortiments von zunehmender Wichtigkeit. Für die Einzelhändler in Bezug auf die Attraktivität ihrer Läden, für die Konsumentinnen und Konsumenten in Bezug auf deren Zufriedenheit. Mit nahezu 50 Prozent der TOP 100 Titel sind wir dabei schon heute ein wichtiger und kompetenter Ansprechpartner für den Handel und werden diese Position in Zukunft weiter ausbauen.