Design Thinking für Verlage und Medienhäuser
Neue Geschäftsmodelle, neue Methoden, aber auch neue Komplexität: das ist die digitale Transformation. Wer Schritt halten will, muss sich bzw. Prozesse und Produkte weiterentwickeln. Hierzu gibt es verschiedene Methoden zur Innovationsfindung. Eine davon ist Design Thinking.
Wir unterhielten uns mit Pia Betton (Partner) und Christian Hanke (Creative Director) von edenspiekermann_ über die Kreativmethode Design Thinking und die Bedeutung für Verlage und Medienhäuser.
- Was ist Design Thinking?
Pia Betton: Design Thinking ist eine Innovationsmethode, die aus der Nutzersicht heraus hervorgeht. Das heisst, im Zentrum steht nicht die Technologie oder das Business Potenzial sondern im Vordergrund stehen die speziellen Wünsche/Bedürfnisse der potentiellen Kunden und Nutzer von dem was man entwickeln will.
Christian Hanke: Für Industrien, die sich traditionell gesehen nicht nutzerzentriert verhalten und jetzt benutzerzentriert Ideen entwickeln müssen, ist das eine große Herausforderung. Die Journalismusbranche war lange Zeit aus dem Blick geraten. Vor allem hier setzen wir bewusst auf diesen Ansatz und entwickeln gemeinsam Ideen bzw. journalistische (Erzähl)Formate und Applikationen, die den Benutzer in den Vordergrund stellen. Denn das ist eine große Stärke von Design Thinking. Das kann bereits bei etwas wie einem einzelnen Artikel anfangen. Design Thinking bringt einen mit kleinen schnellen Schritten voran.
- Worauf liegt bei dieser Methode der Schwerpunkt und wie kann diese Methode das Unternehmen vorantreiben?
Pia Betton: Eine weitere Stärke dieser Innovationsmethode ist die Tatsache, dass ganz viele Disziplinen (Bsp. aus dem gesamten Produktionsfunnel und den dazugehörigen Abteilungen) rechtzeitig einbezogen werden. Traditionell ist es ja so gewesen, das sich um die Belange der Kunden ja eher das Marketing oder die Marktforschungsinstitute gekümmert haben. Bei Design Thinking kommen tatsächlich sowohl die Entwickler von neuen Formaten/Technologien (auch IT-Entwicklung) mit den Marketers als auch Redakteure und Journalisten. Gemeinsam wird die Methode in einem Kooperations-Workshop angewendet.
Design Thinking ist eine sehr handlungsorientierte Methode. Wo man früher ganz viele und lange Entwicklungszeiträume gehabt hat sind hier die Intervalle ganz kurz – von der Idee bis zur Einbeziehung der Zielgruppen. Die Zielgruppe wird vor allem zu einem Zeitpunkt einbezogen, wo die Investition um eine Idee auszuprobieren nicht besonders groß ist. So können die Ideen schnell und ohne viel Aufwand gleich in Prototypen entwickelt und vor allem ausprobiert werden.
- Es gibt Verlage mit unterschiedlicher Größe, wer sollte Design Thinking nutzen?
Christian Hanke: Wichtig ist, dass die Projektgruppe offen und bereit ist, diese Methode in ihren Alltag einzubauen und nicht erst mit einer gewissen Vorlaufzeit wo beispielsweise große Meetings einberufen werden müssen. Viele der Methoden, die wir haben, kann man wirklich im Alltag schnell und einfach einsetzen. Manche sind vielleicht etwas umfangreicher wo man einen halben Tag dafür aufwendet. Aber viele können bereits innerhalb von einer viertel Stunde bis zu einer Stunde realisiert werden. Unabhängig von der Größe der Redaktion. Wichtig ist der Mut etwas Neues auszuprobieren und die Bereitschaft es auch zu tun. Die Methode hat nichts mit der Unternehmensgröße zu tun, vielmehr mit der Einstellung der Menschen. Mittlerweile sind diese Methoden auch an diversen Journalismusschulen verbreitet.
- Auf was sollte man beim Design Thinking achten? Welche Dos und Don’ts gibt es?
Pia Betton: Diese Methode ist für jede Herausforderung gedacht, wo der Mensch im Zentrum steht. Die Methode kann nicht angewendet werden, wo bspw. mathematische oder technologische Probleme zu lösen sind. Es geht um Menschen im weitesten Sinn, egal ob die Menschen die Zielgruppe sind oder auch Mitarbeiter.
Man sollte es auf jedenfall einfach mal ausprobieren und sich erstmal kleineren Problemen widmen. Versucht man sich gleich an sehr große Herausforderungen, kann das meist sehr vielschichtig werden. Man muss auch nicht gleich den gesamten Design Thinking Prozess durchlaufen. Man kann Design Thinking auch schon in kleinen Brainstorming-Gruppen oder Meetings anwenden, um zu einem effizienten Konsens oder einer Ideenfilterung zu kommen. Man kann Design Thinking sogar als eine Einleitung für ein Meeting verwenden, quasi als eine Art Refresher-Session.
Christian Hanke: Bei den Don’ts ist klar zu sagen, das es falsch wäre die Methode anzufangen und Erwartungen zu wecken und dann mittendrin aufzuhören. Es ist also wichtig, nicht nur Ideen zu finden sondern diese auch versuchen umzusetzen (Prototyping). Ansonsten können Frustrationen entstehen.