Gutscheine für Presseprodukte: Umsetzung der EU-Gutschein-Richtlinie
Gutscheine für Presseprodukte – eine Neuregelung mit Handlungsbedarf, Autor: Dr. Carsten Höink.
Aus akutem Anlass wird die VDZ Akademie bereits am 20. März 2019 ein Seminar schwerpunktmäßig zu den Themen Gutscheine und Haftung für Online-Marketplaces in der Umsatzsteuer anbieten: “Umsatzsteuer-Special: Gutscheine und Internethandel“.
Seit 1.1.2019 sind Gutscheine und deren umsatzsteuerrechtliche Behandlung im Umsatzsteuerrecht erstmalig gesetzlich geregelt. Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie des Rates vom 27. Juni 2016 in § 3 Abs. 13 bis 15 UStG umgesetzt. Zum ersten Mal unterscheidet die Umsatzsteuer zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheine und dennoch ist die Handhabung nicht ganz klar und auch viele andere „Gutscheinarten“ nicht umfasst. Ein erläuterndes BMF-Schreiben ist noch nicht ergangen und derzeit nicht absehbar, so dass Verlagshäuser, Grosso und Einzelhandel gefordert sind Praxislösungen für die Abwicklung zu finden. Die bisherige Unterscheidung von Wert- und Warengutscheinen, wie wir sie in den wenigen Verfügungen der Finanzverwaltung finden, wurde aufgegeben. Fortan ist zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen zu unterscheiden.
Seit 2019 unterscheidet das Umsatzsteuerrecht zwischen Einzweckgutschein und Mehrzweckgutschein
Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem (1.) die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und (2.) der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammen-hängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Nicht erfasst sind Rabattgutscheine (also Instrumenten, welche zu einem Preisnachlass berechtigen, z.B. Gutschein für 10% Nachlass beim Einkauf mit Warenwert von mehr als 50€), da diesen keinen Anspruch auf die Leistung sondern lediglich eine Minderung der Bemessungsgrundlage beinhalten. Auch nicht umfasst von der Neuregelung sind Briefmarken oder Eintrittskarten für Theater, Kino und Museum, etc.
Einzweckgutscheine sind dadurch gekennzeichnet, dass sie alle umsatzsteuerrelevanten Informationen beinhalten. Der Ort der Leistung und die für die Besteuerung maßgebenden Parameter müssen bereits bei Ausgabe des Einzweckgutscheins feststehen. Dann wird der Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins bereits als Besteuerungszeitpunkt für die Umsatzsteuer betrachtet. Die Gutscheinausgabe oder Weiterübertragung ist quasi die Leistung. Was wiederum bedeutet, dass beim Einzweckgutschein mit Ausgabe des Gutscheins gegen Geld bereits die Besteuerung der (spätere) Leistung auf den Ausgabezeitpunkt (vor-) verlagert wird. Die (spätere) Einlösung hingegen ist kein steuerbarer Vorgang.
Anders ist dies bei Mehrzweckgutscheinen. Mehrzweckgutscheine weisen diese Konkretheit nicht auf, weshalb die Umsatzbesteuerung erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung stattfindet. Die Ausgabe eines Mehrzweckgutschein ist mithin nur der Umtausch von Geld gegen „Gutschein-Geld“.
Die Neuregelung gilt grundsätzlich europaweit, da sie auf der sog. Gutschein-Richtlinie beruht. Sie gilt aber nur für Gutscheine, welche nach dem 1.1.2019 ausgestellt wurden.
I. Vor dem 01. Januar 2019 ausgestellte Gutscheine
Es ist für die umsatzsteuerliche Beurteilung zu unterscheiden zwischen Wert-, Waren- und Rabattgutscheinen:
- Wertgutscheine enthalten einen bestimmten Nennbetrag, aber keine konkrete Leistungsbezeichnung. Ihre Ausgabe ist umsatzsteuerrechtlich nicht relevant, da sie wegen der fehlenden konkreten Leistungsbezeichnung als Zahlungsmitteltausch (Geld gegen Gutschein als besondere Form des Zahlungsmittels) behandelt werden.
- Warengutscheine hingegen bezeichnen eine konkrete Leistung, d.h. Leistender und anzuwendender Steuersatz stehen fest. Angesichts dieser Festlegungen wird der Besteuerungszeitpunkt auf den entgeltlichen Erwerb des Gutscheins vorverlagert.
- Rabattgutscheine berechtigen nicht zur Einlösung gegen Leistungen sondern gewähren nur einen Preisnachlass für diese. Die Rabattgewährung an sich ist nicht zu besteuern.
II. Nach dem 01. Januar 2019 ausgestellte Gutscheine
§ 3 Abs. 13 S. 1 UStG definiert den Gutschein. Dieser zeichnet sich kurz gesagt dadurch aus, dass er seinem Inhaber die Berechtigung verschafft, ihn an Zahlungs statt zur Einlösung gegen Gegenstände oder Dienstleistungen zu verwenden. Erfasst sind sowohl körperliche als auch elektronische Instrumente. Es muss aber entweder die Leistung oder der leistende Unternehmer im Zeitpunkt der Gutscheinausstellung feststehen.
Ist das Vorliegen eines Gutscheins geklärt, ist für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen zu unterscheiden:
- Einzweckgutscheine liegen vor, wenn im Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststeht, an welchem Ort und mit welchem Steuersatz die dem Gutschein zugrunde liegende Leistung zu besteuern ist (vgl. § 3 Abs. 14 S. 1 UStG).
Das ist beispielsweise nicht der Fall, wenn der Gutschein für unterschiedliche Leistungen, die unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen, eingelöst werden kann oder der Mitgliedstaat der Besteuerung noch unklar sind.
Erfolgt die Ausgabe eines Einzweckgutscheins durch einen im eigenen Namen handelnden Unternehmer, wird der Zeitpunkt der Besteuerung vorverlagert, d.h. das aus Sicht des leistenden Unternehmers vom Gutscheinempfänger Aufgewandte ist als Gegenleistung für die vom Gutschein „verkörperte“ Leistung zu sehen. Bei Gutscheinübertragung im fremden Namen gilt der Unternehmer, in dessen Namen gehandelt wird, als Leistungserbringer und ist Steuerschuldner (§ 3 Abs. 14 S. 3 UStG). Anders liegt es, wenn der in fremden Namen handelnde Unternehmer eine Vertriebs- oder Absatzförderungsleistung bezieht. Legt er in diesem Fall nicht das Handeln in fremden Namen offen, ist er als Leistender anzusehen und schuldet demnach die Steuer. Stellt ein Unternehmer den Gutschein im eigenen Namen aus, ist aber nicht der leistende Unternehmer, so gilt die Leistung als vom leistenden Unternehmer als an den Gutscheinaussteller erbracht (§ 3 Abs. 14 S. 4 UStG). Die Frage der Vorverlagerung der Besteuerung ist für den letztgenannten Fall indes nicht geklärt.
- Mehrzweckgutscheine sind Gutscheine, die keine Einzweckgutscheine sind (§ 3 Abs. 15 S. 1 UStG); Leistungsort und/oder die geschuldete Steuer dürfen dafür im Ausstellungszeitpunkt nicht feststehen. Eine Vorverlagerung der Besteuerung findet hier nicht statt. Vielmehr ist der Besteuerungszeitpunkt die tatsächliche Leistungserbringung (§ 3 Abs. 15 S. 2 UStG). Im Falle der Nichteinlösung unterbleibt die Besteuerung beim Unternehmer.
Wird der Mehrzweckgutschein von einem anderen als dem später leistenden Unternehmer ausgestellt, unterliegen nach Art. 30b Abs. 2 UAbs. 2 Gutschein-Richtlinie alle bestimmbaren gesonderten Dienstleistungen (bspw. Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen) der Umsatzsteuer.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage ist bei Mehrzweckgutscheinen eine Besonderheit zu beachten (vgl. § 10 Abs. 1 S. 6 UStG): Sofern nicht Anhaben über die Höhe der für den Gutschein erhaltenen Gegenleistung vorliegen, ist der auf dem Gutschein selbst oder in den mit ihm zusammenhängenden Unterlagen angegebene Geldwert abzüglich der Umsatzsteuer zugrunde zu legen (§ 10 Abs. 1 S. 6 UStG). Es ist daher mehr denn je erforderlich den Gutschein und den Ausgabewert nachverfolgbar zu dokumentieren.
- Hinsichtlich der o.g. Rabattgutscheine ergeben sich keine Änderungen. Auf sie sind die Neuregelungen nicht anzuwenden (§ 3 Abs. 13 S. 2 UStG). Gleichermaßen sind die Gutscheinregelungen in richtlinienkonformer Auslegung nicht auf Fahrscheine, Eintrittskarten für Kinos und Museen, Briefmarken und ebenso in allen Einzelheiten Konkretem anwendbar.
Einzweckgutschein ist wie die Ware oder Dienstleistung selbst. Die Ausgabe oder Weitergabe löst Umsatzsteuer aus. Der Kauf oder die Weitergabe eines Mehrzweckgutscheins hingegen ist die Ausgabe von Geld gegen anderes Geld („Gutschein“-Geld) und somit nicht steuerbar.
Für den Einzelhandel und den Pressefachhandel ergibt sich die Schwierigkeit, dass es nahezu unmöglich ist, für jeden einzelnen Pressegutschein zum Einlösungszeitpunkt zu beurteilen, ob Umsatzsteuer infolge der Einlösung abzuführen ist. Hier ist nun ebenfalls zu unterscheiden, ob ein Einzweckgutschein oder ein Mehrzweckgutschein vorliegt.
Der Einzweckgutschein ist deswegen unbeliebt, weil die Ausgabe des Gutscheins gleich das die Besteuerung auslösende Ereignis ist. Unterbleibt die Einlösung, weil der Gutschein vergessen oder verloren wird, führt die Nichteinlösung nicht zur Minderung der Bemessungsgrundlage. Einzige Ausnahme wäre die Rückgabe des Gutscheins gegen Rückzahlung des Geldes. Auch sind Einzweckgutscheine (wohl) nicht den Steuerbefreiungen als innergemeinschaftliche Lieferungen oder Ausfuhrlieferungen zugänglich.
Wenn die Ausgabe eines Einzweckgutscheins bereits der die Besteuerung auslösende Moment (quasi die Leistung) ist, so ist eine unentgeltliche Ausgabe von Einzweckgutscheinen (Verschenken von Gutscheinen) ebenfalls bereits der Besteuerungszeitpunkt als unentgeltliche Wertabgabe. Hier können nur die Ausnahmen von der Wertabgabenbesteuerung im UStG für Geschenke von geringem Wert und Warenmustern ggf. retten.
Auch ist die Umsatzbesteuerung im Auge zu behalten, wenn Einzweckgutscheine vom Einzelhandel im Namen des Verlagshauses oder Grosso etc. ausgegeben werden. Hier wird die Unterscheidung im eigenen oder fremden Namen und auf wessen Rechnung die Ausgabe erfolgt erhebliche Unterschiede hervorrufen und ggf. sind (neue) Absatzförderungsleistungen anzunehmen, welche ihrerseits der Umsatzsteuer unterliegen.
Fazit ist daher häufig, dass der Einzweckgutschein nicht gewünscht ist. Um einen Einzweckgutschein zu vermeiden müsste sichergestellt sein, dass mindestens eine Voraussetzung für die Besteuerung nicht feststeht. Für die Übergangszeit bis zu einer klarstellenden Verwaltungsanweisung der Neuregelung wird es sich daher empfehlen, solche Pressegutscheine neu auszugeben, die eindeutig Mehrzweckgutscheine sind. Dies ist beispielsweise gewährleistet, wenn der Gutschein die Formulierung „einlösbar an vielen Verkaufsstellen im In- und Ausland“ enthält oder sowohl zum Bezug des Printprodukts oder E-Papers berechtigt. Es zeichnet sich allerdings ab, dass Umstellungsbedarf dauerhaft besteht.
Die Thematik des Handlungsbedarfs aufgrund der Neuregelung bei den Gutscheinen war auch schon ein Thema des VDZ Umsatzsteuertags 2018. Aus akutem Anlass wird die VDZ Akademie bereits am 20. März 2019 ein Seminar schwerpunktmäßig zu den Themen Gutscheine und Haftung für Online-Marketplaces in der Umsatzsteuer anbieten: “Umsatzsteuer-Special: Gutscheine und Internethandel“.