„Viele Online-Shops haben die Perspektive der Nutzer:innen aus dem Auge verloren.“

Effektives Online-Marketing ist auch für Printprodukte längst unverzichtbar. Doch nach Einschätzung von Patrick Klingberg, der als digitaler Architekt Unternehmen bei der Gestaltung von Websites, Online-Shops und digitalem Marketing berät, werden dabei viele Fehler begangen. Worauf Unternehmen achten sollten und welche Kriterien bei der Gestaltung z. B. von Abo-Shops besonders wichtig sind, erläutert er im Interview.


Herr Klingberg, Ihre Berufsbezeichnung lautet „digitaler Architekt“, und Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, „das Internet aufzuräumen“. Wo herrscht die größte Unordnung?
Die größte Unordnung herrscht bei unseren Websites. So gut wie alle Websites sind mit der Zeit sehr groß geworden, sprich: haben mittlerweile unzählige URLs. Und genau hier beginnt das Aufräumen. Wenn Sie den folgenden Impuls direkt umsetzen, werden Sie Ihr Online-Marketing mit Ihrer Website als Zentrum aller Aktivitäten auf das nächste Level heben: Reduzieren Sie Inhalte bzw. URLs, die wenige bis keine relevanten Besucher:innen anziehen und fokussieren Sie dafür URLs, die zu Ihrer Wertschöpfung beitragen.

Eine Ihrer Spezialitäten ist es, eine Inventur von Websites vorzunehmen. Was machen Unternehmen zum Beispiel bei Online-Shops besonders häufig falsch?
Viele Online-Shops haben die Perspektive der Nutzer:innen und somit der potenziellen Kund:innen aus den Augen verloren. Es wird vielmehr erwartet, dass sich die Nutzer:innen an die Online-Shop anpassen. Anstatt sich aber anzupassen, verlassen die Nutzer:innen den Online-Shop und kaufen woanders. Genau hier gilt es anzusetzen und ab der ersten Sekunde des Besuchs in die Ansprache und  Informationsarchitektur zu investieren. Die hier angesprochene User Experience, sprich das Nutzer:innenerlebnis, beginnt bei der Mobilfreundlichkeit, geht über die intuitiv bedienbare Navigation weiter zu den Produkten, die durch eine attraktive Inszenierung durch Bild und Video Begehrlichkeit erzeugen, und wird durch eine Transparenz in Sachen Verkaufsprozess, Versand und Service abgerundet.

Hier möchte ich den nächsten Impuls setzen: optimieren Sie Ihre Kaufbestätigungsseiten- und -E-Mails. Kein anderes Element genießt bei Ihren Nutzer:innen mehr Aufmerksamkeit, und keine andere E-Mail hat eine höhere Öffnungsrate. Setzen Sie genau da an und überlegen Sie sich, auf welche verwandten Produkte verwiesen werden könnte, setzen Sie weitere Kaufanreize oder bewerben Sie Ihren Newsletter.

Für Zeitungs- und Zeitschriftenverlage sind die Abo-Shops wichtige Bausteine der Websites. Was würden Sie zur Optimierung solcher Abo-Shops raten?
Wenn wir bei der Optimierung des Abo-Shops kognitive Verhaltensmuster berücksichtigen, verstärken wir im Positiven die Wahrnehmung und Entscheidungen der potenziellen Kund:innen und können so die Abo-Verkäufe signifikant ankurbeln. Viele Abo-Shops gewinnen schon, indem sie die Auswahlmöglichkeiten reduzieren, denn bei einer zu großen Auswahl fällt es Nutzer:innen schwer, einfache Entscheidungen zu treffen. Ergänzen wir die reduzierte Auswahl um eine klare Preiskommunikation und Vergleichbarkeit, erleichtern wir ebenfalls die Entscheidungsfindung.

Sie selbst sind auch als Streamer auf der Plattform Twitch aktiv und senden dort das „Frühstücksfernsehen des Online Marketings“. Warum ist Twitch für Sie als Personen-Marke eine gute Plattform und was kann ein solcher Livestream in Sachen Community-Building leisten?
Bei all der Flut an Botschaften und Angeboten fehlt es auch bei unseren kreativsten Online-Marketing-Aktivitäten an Aufmerksamkeit. Bei Live-Formaten sind die Zuschauer:innen voll dabei, ich habe ihre Aufmerksamkeit und somit kann ich sie komplett einbeziehen. Der Chat steht bei solchen Formaten im Zentrum des Community-Buildings, denn hierüber entsteht die Nähe zu den Streamer:innen. Und genau hier setzt Twitch mit seinem gamifizierten Chat an – zum Beispiel mit einem Belohnungsprinzip für besonders treue und aktive Abonnent:innen – und bietet mir als Personenmarke die Möglichkeit, meine Expertise in unterhaltsamen Streams nach außen zu tragen.

Patrick Klingberg ist seit 2007 als sogenannter digitaler Architekt selbständig tätig. Dabei berät er nicht nur Unternehmen in Fragen des Online-Marketings, sondern tritt auch als Referent auf. Darüber hinaus lehrt Klingberg als Dozent an Bildungseinrichtungen, darunter die Hochschule Fresenius und die Europäische Medien- und Business-Akademie. Er wird beim diesjährigen MVFP Distribution Summit am 1. September in Hamburg eine Aboshop-Analyse vorstellen. 

DNV ist Medienpartner der Veranstaltung und spricht im Vorfeld mit wichtigen Entscheidern der Branche über die aktuelle Marktlage und ihre Strategie für die Zukunft. Interessierte können hier mehr über den MVFP Distribution Summit erfahren und sich anmelden.